Finale nach acht Staffeln mit leisen Tönen und ohne Anna Faris
Bernd Krannich – 24.05.2021, 18:28Uhr
Mit dem Ende der Season 2021/22 ist auch die US-amerikanische Sitcom „Mom“ zu ihrem Ende gekommen. Dabei entschieden sich die Macher beim Serienfinale eher für eine „unspektakuläre“ Variante. Ausgeklammert wurde dabei zudem auch die Figur der vor der finalen Staffel ausgestiegenen Anna Faris mitsamt ihren Kindern. Stattdessen wurde das Schwergewicht des Serienfinals auf den Aspekt der Freundschaft unter den Mitgliedern der Selbsthilfegruppe um Bonnie (Allison Janney) und Marjorie (Mimi Kennedy) gelegt.
Für den eiligen Leser… Das Serienfinale von „Mom“ dreht sich einerseits um eine Heirat im Kreis der Mitglieder der zentralen Anonymen-Alkoholiker-Gruppe. Parallel gibt es zwei größere Ereignisse im Leben von Bonnie: Zum einen lernt sie eine Frau namens Shannon (dargestellt von Melanie Lynskey aus „Two and a Half Men“) kennen, die erstmalig an einem AA-Treffen teilnimmt und daher in der Gruppe auch nach Ermunterungen das Wort nicht ergreifen will – sie war sowieso nur dort, weil ihre Mutter sie nach einem Streit herausgeworfen hatte und sie daher obdachlos war. Bonnie zwingt sich ihr ein wenig auf – folgt ihr vom Meeting auf die Straße und trägt sich in die Kontakte auf ihrem Smartphone ein und ermahnt sie, sie bei Problemen anzurufen.
Am Abend eröffnet Ehemann Adam (William Fichtner) Bonnie zum anderen, dass er sich auf ärztliches Anraten einer Biopsie unterzogen habe, bei der es um den Verdacht von Lungenkrebs geht. Nun steht der Arztbesuch zum Einholen der Ergebnisse an. Derweil setzt auch noch Jill (Jaime Pressly) kurzfristig ihre Hochzeit für den nächsten Tag an.
Noch in der Nacht muss Bonnie Shannon beistehen, die zurück zu ihrer gleichsam drogensüchtigen Mutter Jolene gegangen war (dargestellt von Rondi Reed, Mikes Mutter Peggy aus ). Die Situation zwischen den beiden Frauen erinnert an die schlimmsten Zeiten zwischen Bonnie und Tochter Christy.
Trotz des ganzen Stresses, dem Bonnie vor allem wegen einer positiven Krebsdiagnose von Adam am folgenden Tag ausgesetzt ist, gerät sie nicht aus dem Gleichgewicht, sondern hilft Shannon und Jolene bei ihrem Einstieg in die Abstinenz: Nach einer langen Reise ist Bonnie in einer Lebenssituation angekommen, wo sie auch Rückschläge nicht zurück zu den Drogen treiben.
Finale ohne viele
Während Produzent Chuck Lorre im Finale von „Mom“ mit Lynskey und Reed Gastauftritte zweier früherer Darsteller seiner anderen Serien untergebracht hat, fehlte bei „Mom“ im Gegensatz zu vielen anderen Serienabschlüssen eben doch der Rückblick und die Einbindung zahlreicher alter Figuren aus der Seriengeschichte – und das obwohl die Macher früh genug Bescheid wussten und ein bewusstes Ende konstruieren konnten. Je nach Gemüt mag man festhalten, dass „Mom“ sich über die Jahre in eine positive Richtung entwickelt habe, die die Auseinandersetzung mit Sucht und anderen Problemen auf eine positive Art ins Zentrum gestellt hat. Oder eben eine Franken-Serie, bei der nach und nach so viel ausgetauscht wurde, dass am Ende nichts mehr vom Ursprung dabei war. Mit Ausnahme von Allison Janney etwa war kein einziger Darsteller vom Serienbeginn beim Finale dabei.
Ursprünglich war „Mom“ mal eine Serie um Christy (Faris), deren Mutter sie bereits als Jugendliche in die Welt gesetzt hatte, und die nun selbst eine Tochter hatte, die schon als Teenager schwanger geworden war. Das alles unter der Prämisse des täglichen Kampfes gegen die Sucht und mit den äußeren Umständen, in denen die Protagonistinnen steckten und in die sie sich zu einem guten Teil mit selbstzerstörerischen Entscheidungen auch selbst gebracht hatten.
In einem Interview mit TVLine erklärte Ko-Schöpferin und Produzentin Gemma Baker zur Abwesenheit von Faris beim Serienfinale, dass man die Entscheidung der Darstellerin, die Serie zu verlassen, respektieren wollte (also gar nicht erst angefragt hatte). Letztendlich wären die Produzenten zu der Entscheidung gekommen, dass die Zuschauer über sieben Staffeln genug von Christys Reise miterlebt hätten, und dass die letzten bekannten Details – Christy hatte den Handlungsort Napa in Kalifornien verlassen, um ein Jura Studium in Washington, D.C. zu beginnen (fernsehserien.de berichtete) – ihre Handlung hinreichend abgerundet hatten, so dass man im Serienfinale keine Updates gab.
Im Verlauf der achten Staffel wurde etabliert, dass Bonnie und Christy weiterhin Kontakt miteinander hätten. Ebenso steht Bonnie mit Enkel Roscoe (Blake Garrett Rosenthal) in Kontakt, der bei seinem Vater Baxter (Matt Jones) und dessen Gattin Candace (Sara Rue) lebt. Derweil hatte Violet (Sadie Calvano) den Kontakt zu ihrer Mutter nach (und mit) einem letzten Auftritt in der sechsten Staffel abgebrochen – Violet hatte damals einen Podcast gehabt, in dem sie über ihre Erfahrung mit dem blanken Alptraum einer Mutter
berichtet hatte; Christy war schließlich im Podcast zu Gast, um ihre Sicht der Dinge kundzutun, doch das brachte keine Aussöhnung.
Entsprechend bleibt das Finale von „Mom“ letztendlich auch etwas blass: Es gibt einige lustige Szenen mit Shannon und ihrer Mutter sowie diverse herzliche Szenen unter den Protagonistinnen. Die Episode will eine gereifte Bonnie ins Zentrum stellen, die nun auch von harten Herausforderungen wie Adams Erkrankung zwar getroffen, aber nicht aus der Bahn geworfen wird. Auch, weil ihre Freunde ihr helfen. Und im Gegenzug bietet die lange Jahre für ihren Egoismus bekannte Bonnie Hilfe.
Weiter ausgeholt
In „Mom“ wird der Grundstein für das Serienfinale bereits in der vorletzten Episode gelegt. Marjorie wurde von einer unbekannt bleibenden Person für einen Community Hero Award nominiert und informiert ihre Gruppe nun davon, dass sie zu der feierliche Übergabe eingeladen sind, bei der auch einige andere Preisträger geehrt werden. Da Marjorie Bonnie für den Initiator hält, soll diese bei der Veranstaltung die kurze Vorstellung übernehmen, nach der Marjorie auf die Bühne kommt und den Preis entgegennimmt. Bonnie jedoch plant dabei eher einen Roast mit Witzen unter der Gürtellinie, worauf sie sich ausgiebig vorbereitet.
Am Tag der Veranstaltung fährt die Gruppe mit einer Stretch-Limo zum Festsaal. Dabei bandelt Tammy (Kristen Johnston) mit dem Limofahrer an und setzt sich zu ihm ins Cockpit. Im Festsaal angekommen fühlt sich Jill nicht wohl. Sie hadert damit, sich zurückzuziehen und dadurch die Ehrung zu verpassen, verzieht sich letztendlich aber doch in die Waschräume. Dorthin kommt Tammy nach, die schließlich aufbricht, um für Jill etwas zur Magenberuhigung zu besorgen – und dann auch mit einem Schwangerschaftstest zurückkehrt.
Zwar geht Jill nach schmerzhaften Erfahrungen schon lange davon aus, dass sie keine Kinder kriegen kann, nutzt den Test aber doch. Derweil hat auch Marjorie ihre Ehrung verlassen: Sie grämt sich, dass ihr einst entfremdeter Sohn trotz Zusagen nicht aufgetaucht ist (sie hatte erst knapp ein Jahr vorher/in der siebten Staffel nach langen Jahren wieder Kontakt mit ihm aufgenommen). Letztendlich scheint durch, dass Marjorie die Ehrung nichts wert ist, da schwer auf ihr lastet, was sie ihrem Sohn mit ihrer Sucht alles aufgebürdet hatte.
Bonnie wird zur Ankündigung von Marjorie auf die Bühne gerufen und versucht Zeit zu schinden, da diese nicht im Saal ist. Während sie also nach Worten sucht, wird sie sich bewusst, wie wichtig ihr Marjorie ist, die eben den Moment der Ehre ausfallen lässt, um sich um eine kränkelnde Freundin zu kümmern – derweil wollte Bonnie ihr hier gerade das Rampenlicht stehlen. Nun hält Bonnie eine emotionale Lobrede.
In den Waschräumen stellt sich heraus, dass Jill in der Tat schwanger ist – ihr bekanntermaßen größter Wunsch seit Jahren ist eine eigene Familie. Es wird nochmal kurz „brenzlig“, als die Freundinnen den „Vater“ herbeilotsen, Polizist Andy (Will Sasso), bei dem man nicht weiß, wie er auf diese überraschende, gewaltige Neuigkeit reagieren wird, zumal das Paar noch nicht lange wieder zusammen ist. Aber auch Andy ist außer sich vor Freude.
Am Ende der vorletzten Folge kommt es dann quasi schon zum Happy End: Marjories Sohn Jerry (dargestellt von Wallace Langham aus „CSI“) hatte sich in der Tat nur durch widrige äußere Umstände verspätet – es stellt sich heraus, dass er seine Mutter für die Auszeichnung nominiert hatte. Jill und Andy blicken dem Beginn einer Familie entgegen. Bonnie hatte einen Moment der Erkenntnis und menschlicher Größe – der auch im Serienfinale nachhallt. Und Tammy ist enthusiastisch über ihre romantischen Aussichten mit den charmanten Limo-Fahrer Clayton (Marcuis Harris).
Das leitet dann zum Serienfinale hin – das nach einem kleinen Zeitsprung von vier Monaten spielt. Tammy ist darin immer noch mit Clayton liiert und „frisch verliebt“. Jill und Andy beschließen – da beide schon großen Hochzeiten hinter sich hatten – kurzfristig schon einen Tag später
auf dem Standesamt im Beisein der Freunde zu heiraten.
Nach den oben beschriebenen Ereignissen kommt es zu einem weiteren AA-Treffen. Da Andy einen Anteil daran hatte, dass das Mutter-Tochter-Gespann Shannon und Jolene nach einem Streit und Verhaftung schnell wieder auf freien Fuß kamen, „müssen“ die nun auch teilnehmen.
Bonnie geht aufs Podium:
Das war schon ein Tag. Ich glaube, ich hatte heute jedes Gefühl, das ein Mensch haben kann – manche großartig, andere schrecklich – und ich habe nicht *einmal* daran gedacht, zur Flasche oder zu Drogen zu greifen. Aber das ist nicht das *Wunder*. Das Wunder ist, dass ich heute nicht egoistisch war, vor allem an mich gedacht hätte. Ich habe an die Menschen gedacht, die ich liebe, und wie ich ihnen helfen kann.
Als ich vor acht Jahren durch diese Tür gekommen bin, war ich so voll Angst, Selbsthass, Scham… Aber jetzt, jetzt mag ich *mich*. Ich *liebe* mich sogar. Ich liebe meinen Ehemann, ich liebe meine Tochter, meine Freunde, meine Enkel…
Ich habe immer wieder Leute bei solchen Meetings sagen gehört, dass sie *dankbare Alkoholiker* seien, und ich habe das nie verstanden. Es hat mich ehrlich gesagt genervt. Aber jetzt verstehe ich es. Mein Name ist Bonnie, und ich bin eine dankbare Alkoholikerin – und wenn euch das genervt hat, kommt einfach auch das nächste mal wieder.
Danach tritt Wendy (Beth Hall) als Leiterin des Treffens auf das kleine Podium und fragt: Wer möchte als Nächstes was sagen?
Mit dieser Geste will die Serie bewusst verdeutlichen, dass für die Figuren aus „Mom“ das Leben nun weitergeht. Dabei spielt etwa auch hinein, dass die Serie keinen weiteren Ausblick auf die Entwicklung von Adams Gesundheit gibt.