Vagusnerv stimulieren: Übungen zur Aktivierung (2024)

Der Vagusnerv wurde erstmals von dem italienischen Arzt und Anatomen Gasparo Aselli (1581–1626) entdeckt und beschrieben.

Aselli, der als Pionier in der Anatomie des Lymphsystems galt, veröffentlichte seine Beobachtungen zum Vagusnerv in einem Werk mit dem Titel "De lacteis venis" (“über die Milchgänge”) im Jahr 1627.

Das Werk von Aselli ging hauptsächlich auf die Entdeckung und Beschreibung der Milchgänge (Lymphgefässe) ein und zielte nicht speziell auf den Vagusnerv ab, aber seine Erkenntnisse trugen zur weiteren Forschungsgeschichte dieses Nervs bei.

Der Vagusnerv ist mittlerweile bekannt als der „wandernde Nerv“ und “Selbstheilungsnerv”. Er ist zweiteilig (paarig) und der längste unserer zwölf Hirnnerven.

Der Vagusnerv spielt eine entscheidende Rolle im autonomen Nervensystem und ist an der Regulation der Tätigkeiten fast all unserer inneren Organe beteiligt. [1] Neben diesen vegetativen Funktionen für die Regulation unserer Organe, ist der Vagusnerv auch an der motorischen Steuerung unseres Kehlkopfes, Rachens und der oberen Speiseröhre beteiligt.

Und was war noch einmal das autonome Nervensystem?

Unser autonomes Nervensystem regelt unsere körpereigenen Funktionen, ohne dass wir dazu bewusst eingreifen müssen. Das autonome Nervensystem ist gewissermassen wie der "Autopilot" deines Körpers. Es reguliert automatisch viele lebenswichtige Funktionen – darunter deinen Herzschlag, deine Atmung, deine Verdauung und Stressreaktionen.

Das autonome Nervensystem hat zwei Hauptzweige: den Parasympathikus (für Entspannung, Ruhe und Erholung) und den Sympathikus (für Aktivität und Stressreaktionen wie “Fight-or-Flight”). [2]

Der Parasympathikus hilft deinem Körper, Energie zu sparen und ihn zu regenerieren, während der Sympathikus uns die nötige Energie und Reaktionsfähigkeit in stressigen Situationen verleiht. Ein ausgewogenes Zusammenspiel zwischen diesen beiden Systemen, Sympathikus und Parasympathikus, ist entscheidend für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. [2]

Der Vagusnerv ist also ein wichtiger Teil unseres autonomen Nervensystems und gleichzeitig der grösste Nerv des Parasympathikus. Der lange Nerv ist verantwortlich für Entspannung und Regeneration in deinem Körper. Er sorgt dafür, dass dein Körper in einen Zustand der Ruhe versetzt wird, nachdem er einer Stressreaktion ausgesetzt war, die meistens vom Sympathikus übermittelt wurde. [1]

Der Vagusnerv erstreckt sich als vorherrschender Nerv des Parasympathikus von deinem Gehirn bis zu den meisten inneren Organen. Sein Name "Vagus" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „umherschweifend“ oder „vagabundierend“. Dieser Name passt wie die Faust aufs Auge, denn der Vagusnerv zieht durch den gesamten Körper und „umarmt“ sozusagen unsere wichtigsten lebenserhaltenden Organe. [1]

Der Vagusnerv ist kein gewöhnlicher Nerv – er ist ein beeindruckender Regulator, der eine Vielzahl von wichtigen Funktionen erfüllt. [1]

Die Funktionen des Vagusnervs – Das Tor zu Ruhe & Entspannung

Vagusnerv stimulieren: Übungen zur Aktivierung (1)

Der Vagusnerv entspringt im Gehirn, genauer gesagt im Hirnstamm, und erstreckt sich bis hinunter in den Bauchraum. Dabei verzweigt er sich und sendet zahlreiche Nervenfasern zu den verschiedenen Organen und Geweben in deinem Körper.

Der Vagusnerv hat zwei Hauptäste: Den linken und den rechten Vagusnerv. Diese Äste steuern eine breite Palette von Körperfunktionen, darunter die Herzfrequenz, die Verdauung, die Atmung, die Sprachmuskulatur und vieles mehr. [1]

Folgend gehen wir auf einige der wichtigsten Funktionen des Vagusnervs ein [1]:

1. Stressbewältigung und Entspannung

Einer der wichtigsten Aspekte des Vagusnervs ist seine Rolle bei der Stressregulation. Er ist der „Ruhenerv“ des Körpers, der für die Förderung von Entspannung und Erholung verantwortlich ist. Und wie macht der Nerv das?

Wenn du gestresst bist, übernimmt der Vagusnerv die Kontrolle und hilft, deinen Körper in einen entspannten Zustand zu versetzen, indem er die Aktivität des sympathischen Nervensystems reduziert, das für die sogenannte "Fight-or-Flight"-Reaktion verantwortlich ist. Er hilft dabei, deine Herzfrequenz zu senken, deine Muskulatur zu entspannen und er verringert die Freisetzung von Stresshormonen. [3]

2. Herzgesundheit

Der Vagusnerv spielt zudem eine entscheidende Rolle bei der Regulation deiner Herzfrequenz. Er kontrolliert den sogenannten »Ruhepuls« und hilft dabei, deinen Herzrhythmus zu stabilisieren.

Der Vagusnerv reguliert die Herzfrequenz, indem er Signale an das Herz sendet, um die Herzschlagrate zu verlangsamen. Dies ist von entscheidender Bedeutung für deine Herzgesundheit und die Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. [3]

3. Verdauung und Nährstoffaufnahme

Der Vagusnerv beeinflusst auch massgeblich die Funktion deines Verdauungstrakts. Dies tut er, indem er die Produktion von Magensäure anregt, die Muskelkontraktionen im Magen und Darm steuert, die Freisetzung von Verdauungsenzymen aus der Bauchspeicheldrüse fördert und Signale an das Gehirn sendet, um das Sättigungsgefühl zu regulieren.

Er spielt somit eine entscheidende Rolle bei der Zerkleinerung und Verarbeitung von Nahrung, der Nährstoffaufnahme und der Vorbeugung von Entzündungen im Verdauungstrakt. Ein gut funktionierender Vagusnerv ist wichtig für eine effiziente Verdauung und die Aufrechterhaltung der Gesundheit des Verdauungssystems. [4] Eine gut funktionierende Verdauung ist wiederum entscheidend, um deinen Körper mit den notwendigen Nährstoffen zu versorgen.

4. Emotionale Stabilität und mentale Gesundheit

Der Vagusnerv ist auch mit dem limbischen System verbunden, einem Bereich des Gehirns, der für deine Emotionen verantwortlich ist. Die Aktivierung des Vagusnervs kann dazu beitragen, Emotionen zu stabilisieren und die Stressreaktion des Körpers zu mildern. Aber wie genau macht er das?

Die Funktion des Vagusnervs in der Emotionsregulation basiert auf der Übertragung von Nervensignalen zwischen dem Vagusnerv und dem Gehirn. Wenn Emotionen erlebt werden, sendet das Gehirn Signale über den Vagusnerv aus, die verschiedene Reaktionen im Körper auslösen. Diese Signale können die Freisetzung von Neurotransmittern beeinflussen, darunter solche, die für deine Stimmung und Entspannung relevant sind. [1] [2]

Der Vagusnerv kann auch die Aktivität der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse modulieren, was die Stressreaktion beeinflusst und die Stressbewältigung unterstützt. Darüber hinaus ist der Vagusnerv an der Regulation von Entzündungen beteiligt, die eine Rolle bei depressiven Störungen spielen können, und er moduliert die Herzratenvariabilität, welche die Anpassungsfähigkeit deines Körpers an verschiedene emotionale Zustände widerspiegelt. [1] [2]

All diese Funktionen können einen erheblichen Einfluss auf deine emotionale Stabilität und deine mentale Gesundheit haben.

5. Entzündungshemmung

In den letzten Jahren hat die Forschung enthüllt, dass der Vagusnerv eine wichtige Rolle bei der Regulation von Entzündungsprozessen im Körper spielt.

Der Vagusnerv kann Entzündungsreaktionen im Körper modulieren, indem er die Freisetzung von entzündungshemmenden Substanzen beeinflusst und zur Begrenzung von Entzündungen beiträgt. [1] [2]

6. Schmerzlinderung

Der Vagusnerv kann auch deine Schmerzen lindern und beeinflussen. Bei akuten Schmerzen kann seine Aktivierung die Schmerzwahrnehmung verringern. Bei chronischen Schmerzen kann die regelmässige Aktivierung des Vagusnervs sogar eine vielversprechende Methode zur Schmerzlinderung sein. [5]

Wie du siehst, sind die Funktionen und Fähigkeiten des Vagusnervs erstaunlich und vielseitig. Es wäre also wunderbar, wenn du diese Funktionen unterstützen und ggf. Sogar aktivieren kannst, richtig?

Praktischerweise kannst du deinen Vagusnerv in der Tat stimulieren, um seine hervorragende Regulationswirkung auf deinen Körper zu nutzen.

Doch wie genau geht das? Als Pioniere in der präventiven Gesundheitsvorsorge betrachten wir es als unsere Aufgabe, über die neuesten Methoden und Übungen zur Optimierung des deines Wohlbefindens Bescheid zu wissen.

CARE gibt dir in deinen Health Check Ups gerne individuelle Ratschläge und Übungen an die Hand, wie du deine Gesundheit durch Übungen und Lebensstilanpassungen noch weiter optimieren kannst.

Die Wirkungen und gesundheitlichen Vorteile, die Vagusnerv Übungen auf dein Wohlbefinden ausüben können, haben wir dir folglich zusammengefasst.

Die gezielte Stimulation des Vagusnervs bietet das Potenzial für jeden Einzelnen von uns, unser Wohlbefinden und unsere mentale Gesundheit zu optimieren. Durch gekonnte Methoden zur Aktivierung des Vagusnervs können wir unsere allgemeine Gesundheit und diverse Prozesse in unserem Körper fördern.

Der erstaunliche Nerv hat das Potenzial, unser innerer Regulator für ein gesünderes und glücklicheres Leben zu sein.

Wir haben dir deshalb neun effiziente und einfache Vagusnerv-Übungen herausgesucht, die dir dabei helfen können, deinen Vagusnerv zu aktivieren.

9 Übungen zur Stimulation des Vagusnervs

Selbstmassage & Akupressur

Gezielte Druckpunkte am Körper können die Aktivierung des Vagusnervs fördern. Eine sanfte Vagus-Nerv-Massage und Druck auf bestimmte Punkte an deinem Körper, wie etwa am Ohr oder im Nacken, können hilfreich sein für die Stimulation deines Vagusnervs. [6]

Massiere den Warzenfortsatz hinter deinem Ohr

Hinter deinem Ohr befindet sich ein knöcherner Vorsprung, direkt am unteren Rand des Schädels, der auch als Warzenfortsatz bezeichnet wird und ein Teil deines Schläfenbeins ist. Du kannst ihn sanft massieren oder mit den Fingern in kreisenden Bewegungen drücken, um deinen Vagusnerv zu stimulieren.

Solarplexus massieren

Der Solarplexus ist der Bereich in der Mitte des Oberbauchs, direkt unter dem Brustkorb. Du kannst sanften Druck auf diesen Bereich ausüben, indem du mit den Fingern in kreisenden Bewegungen massierst.

Beckenboden-Übungen

Der Vagusnerv erstreckt sich bis zum Beckenboden. Du kannst ihn aktivieren, indem du Beckenbodenübungen durchführst wie Kegel-Übungen. Hierbei wird der Beckenboden kontrahiert und entspannt, was auch deinen Vagusnerv anregen kann.

Atmung & Atemtechniken

Die Kontrolle der Atmung ist ein effektiver Weg, um deinen Vagusnerv zu stimulieren. Die 4-7-8-Atemtechnik, bei der du vier Sekunden einatmest, sieben Sekunden den Atem anhältst und dann acht Sekunden ausatmest, ist z.B. eine bewährte Methode. [6]

Kopf drehen

Das Drehen des Kopfes kann den Vagusnerv stimulieren, da dieser Nerv in enger Nachbarschaft zu wichtigen Hals- und Nackenstrukturen verläuft.

Diese Stimulation kann die Aktivität des Vagusnervs erhöhen, was zu einer Reduzierung der Herzfrequenz und zur Förderung von Entspannung führen kann.

Augenbrauen heben

Das Anheben deiner Augenbrauen kann den Vagusnerv stimulieren, da er mit bestimmten Gesichtsnerven, wie dem Nervus trigeminus, verbunden ist. Diese Verbindung kann dazu beitragen, den Vagusnerv zu aktivieren und Entspannungsfunktionen im Körper zu fördern.

Singen

Singen kann den Vagusnerv stimulieren, da es eine kontrollierte Atmung erfordert und die Muskeln im Hals- und Rachenbereich aktiviert, die mit dem Vagusnerv verbunden sind. [6] [7]

Singen kann daher eine angenehme und zudem freudebringende Methode zur Förderung von Entspannung und innerem Gleichgewicht sein.

Gurgeln

Gurgeln kann den Vagusnerv stimulieren, weil es die Atmung kontrolliert und den Schluckreflex auslöst. Das sind beides Mechanismen, die eng mit dem Vagusnerv verbunden sind. [6]

Kälteexposition

Ein kaltes Bad oder eine kalte Dusche können den Vagusnerv aktivieren und die Herzfrequenz senken. Dies trägt zur Entspannung bei und kann nach intensivem Training besonders nützlich sein. [8]

Yoga und Pilates

Praktiken wie Yoga und Pilates sind wissenschaftlich anerkannte Wege zur Aktivierung des Vagusnervs. Sie fördern die Entspannung und die Stressresistenz, weil du beim Yoga bewusst atmest, deinen Kopf drehst und diverse Punkte deines Körpers berührst und bewegst, die mit dem Vagusnerv verbunden sind. [6]

Aerobe Bewegung

Regelmässige aerobe Aktivitäten, wie zum Beispiel Laufen, Schwimmen oder Radfahren, können den Vagusnerv stärken und die Herzgesundheit verbessern.

Die Übungen, mit denen du deinen Vagusnerv stimulieren und aktivieren kannst, sind zahlreich und vielfältig. [6]

Ein weiterer Aspekt, auf den wir folglich eingehen möchten, ist die Behandlung diverser Krankheiten durch Vagusnerv-Stimulation, die mittlerweile in den USA FDA-approved ist.

Diverse Studien haben einige interessante Erkenntnisse in Bezug auf den Zusammenhang zwischen der Vagusnerv-Stimulation und der Therapie von Krankheiten wie Epilepsie, Depressionen und Übergewicht hervorgebracht, die den enormen Effekt der Vagusnerv–Stimulation auf unser Nervensystem und die allgemeine Gesundheit verdeutlichen. [1] [7]

Vagusnerv stimulieren: Übungen zur Aktivierung (3)

Vagusnerv-Stimulation für Menschen mit Epilepsie

Die Vagusnervstimulation ist mittlerweile eine etablierte Therapieoption für Patienten mit schwer zu behandelnden epileptischen Anfällen, insbesondere bei pharmakoresistenten Epilepsien. [1]

Ein implantierter Stimulator sendet regelmässige elektrische Impulse an den Vagusnerv, was zu einer Abnahme der Anfallshäufigkeit führen kann. Obwohl der genaue Mechanismus nicht vollständig verstanden ist, wird angenommen, dass die VNS die Übererregbarkeit des Gehirns reduziert.

Einige Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass der Vagusnerv eine Rolle bei der Regulierung von Entzündungsprozessen im Gehirn spielen könnte. Überaktive Entzündungsreaktionen werden mit epileptischen Anfällen in Verbindung gebracht, und die Aktivierung des Vagusnervs könnte dazu beitragen, diese Entzündungsreaktionen zu mildern. [1] [7]

Der Vagusnerv kann zudem die Hirnaktivität beeinflussen, und die Vagusnervstimulation könnte dazu beitragen, die übermässige Erregbarkeit in bestimmten Hirnregionen zu reduzieren, die bei Epilepsie eine Rolle spielen. [1]

Bei einigen Menschen mit Epilepsie kann die Vagusnervstimulation nicht nur die Anfallshäufigkeit verringern, sondern auch die Lebensqualität verbessern, da sie dazu beiträgt, Anfälle weniger intensiv zu gestalten und die Erholung danach zu erleichtern.

Vagusnervstimulation gegen Depressionen

Die Vagusnerv-Stimulation (VNS) kann Menschen mit schweren Depressionen helfen. Die Stimulation funktioniert, indem sie die Regulation von Stimmungsneurotransmittern wie Serotonin und GABA unterstützt und verbessert. [1]

Die VNS kann zudem Neuroplastizität fördern, was bedeutet, dass die Stimulation dazu beitragen kann, die neuronalen Verbindungen im Gehirn zu verändern und anzupassen. Das kann zu einer Verbesserung der depressiven Symptome beitragen.

Abschliessend lässt sich sagen, dass die Stimulierung des Vagusnervs eine vielversprechende und leicht durchzuführende Methode ist, um von den biologischen Funktionen, die der Vagusnerv auf unsere Gesundheit ausübt, zu profitieren.

CARE empfiehlt dir gerne in deinem nächsten Health Check-up einige Methoden, wie du deinen Vagusnerv stimulieren kannst und wir betrachten gemeinsam mit dir die individuellen Vorteile, die du durch die VNS für dich persönlich erreichen kannst.

Quellenverzeichnis

Vagusnerv stimulieren: Übungen zur Aktivierung (2024)

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Name: Van Hayes

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